Was ist eine Käsefräse?  

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Wissenswertes über Käsefräsen


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Was ist eine “Käsefräse”

Bei dem Begriff “Fräsmaschine” denkt man normalerweise an große, schwere Maschinen für Metallbearbeitung. Eine “Käsefräse” ist im Unterschied dazu eine Fräsmaschine, die mangels Stabilität zur Bearbeitung von härteren Materialien nicht geeignet ist, sondern nur Käse oder vergleichbare Materialien (Balsaholz, Hartschaum...) zerspanen kann. Der Begriff ist eigentlich ursprünglich abwertend gemeint, und wird meist von Besitzern “richtiger” Fräsmaschinen zur Herabwürdigung weniger begnadeten Hobbybastlern verwendet. Manchmal trifft man aber auch humorvolle Zeitgenossen (siehe auch “bekennender Dilettant”, weiter unten), die Ihre eigene Konstruktion liebevoll “Käsefräse” nennen.

Wer baut Käsefräsen

  1. Der Arme Schüler: Mangels Einkommens ist der arme Schüler leider nicht in der Lage, sich hochwertige Komponenten wie Kugelrollspindeln oder Servomotoren zu kaufen.
  2. Der Bekennende Dilettant

Wie baut man eine Käsefräse

Materialauswahl

Es gibt Materialien, die sich seit Jahrzehnten im Maschinenbau bewährt haben, wie z.B. Gußeisen, dickwandige Stahlrohre, Granit oder Mineralguß. Meiden sie diese “traditionellen” Materialien unbedingt. Seien Sie kreativ und probieren Sie etwas neues aus. Mit Holz oder möglichst dünnwandigen Aluprofilen erreichen Sie Ihr Ziel mühelos, allerdings sind diese Materialien schon fast wieder zu “normal”, weil es schon viele Käsefräsen aus Alu oder Holz gibt. Suchen Sie auf einem Schrottplatz nach möglichen Bauteilen, je ungewöhnlicher desto besser.
Besonders zu empfehlen, sind Materialien, die sich unter Wärme- oder Feuchtigkeitseinwirkung stark ausdehnen oder quellen, wie z.B. Polyethylen oder MDF. Auch gewöhnlicher Beton ohne Zuschlagstoffe oder Gipskartonplatten sind gute Kandidaten. Eine Maschine mit Eigenleben führt immer wieder zu neuen Ergebnissen und sorgt so für Abwechslung.

Konstruktionsregeln

Machen Sie auf keinen Fall den Fehler, sich ein klares Ziel zu setzen oder einen Plan zu machen. Bauen Sie statt dessen einfach drauf los und passen Sie die Konstruktion den verfügbaren Materialien an. So sind ihnen Überraschungen sicher und es wird nicht langweilig.
Wie man mit möglichst geringem Materialeinsatz ein Maximum an Festigkeit erreicht, kann man an Fachwerkhäusern oder Strommasten abschauen. Aber immer daran denken: Festigkeit ist nicht unser Ziel! Käsefräsenbauer verstehen sich mehr als Künstler statt als Ingenieur. Achten Sie deshalb lieber auf möglichst cooles Design im Stil moderner Kunst. Ignorieren Sie alle Erkenntnisse der Festigkeitslehre. Die niedrigste Biegefestigkeit bei gegebenem Materialquerschnitt hat eine massive, ebene Platte. Dies ist der Grund, warum diese Form so häufig bei Käsefräsen eingesetzt wird, besonders beliebt bei den Seitenteilen des Portals. Doppel-T-Träger oder Hohlprofile sind viel zu steif und deshalb strikt zu meiden. Allerhöchstens wegen der praktischen Befestigungsmöglichkeiten sind Aluprofile erlaubt, aber nur möglichst dünn und bei rechteckigem Querschnitt vorzugsweise in der falschen Richtung (nicht hochkant sondern quer zur Belastung) eingebaut.
Schrauben, Schweißen oder ähnliche bewährte Verbindungstechniken sind ebenso verpönt. Seien sie auch hier kreativ und verwenden Sie lieber Heisskleber, Sanitärsilikon, oder Bauschaum. Dies bietet eine elegante Möglichkeit, Fertigungstoleranzen auszugleichen, oder spätere Änderungen vorzunehmen.

Antriebstechnik

Sehr beliebt sind Schrittmotoren, die aus Druckern oder alten Diskettenlaufwerken ausgeschlachtet sind. Zur Not bekommt man auch gebrauchte Schrittmotoren bei Ebay, es ist jedoch zwingend darauf zu achten, nur absolute Exoten zu ersteigern, die nicht mehr hergestellt werden, und wo es völlig unmöglich ist, verläßliche Daten aufzutreiben.
Als Kraftübertragungselemente eignet sich alles, was Spiel und viel Reibung hat. Trapezgewindestangen sind fast schon zu teuer und hängen bei langen Achsen auch nur ungenügend durch. Viel schöner und preiswerter sind gewöhnliche, verzinkte Gewindestangen aus dem Baumarkt. Wenn die kleinen Schrittmotoren nicht ausreichend Kraft haben, die Reibung zu überwinden ist ein zusätzliches Getriebe oder die Auswahl eines Gewindes mit kleinerer Steigung stärkeren Motoren unbedingt vorzuziehen.

Steuerung

Da die Elektronik einen nicht unerheblichen Einfluß auf die Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit der Antriebe hat, lohnt es sich hier am meisten zu sparen. Merke: Geiz ist Geil! Man bekommt bei Ebay schon komplette Steuerungen für drei Achsen um die 100 Euro, wozu also mehr ausgeben? Microschritt ist was für Weicheier und mehr als 40V (zulässige) Betriebsspannung ist pure Verschwendung. Auch jeglicher Überlastschutz ist unnötiger Luxus. Echte Käsefräsenfreaks betreiben Ihre Elektronik immer knapp am Limit (oder etwas darüber) und löten lieber regelmäßig abgebrannte ICs aus, als sich etwas robusteres zu kaufen.

Verhaltensregeln

Machen Sie auf gar keinen Fall den Fehler, sich vorher bei erfolgreichen, professionellen Maschinenbauern oder in der Fachliteratur zu informieren. Voreingenommenheit schränkt nur Ihre Kreativität unnötig ein. Wenn Sie eine neue Idee haben, wie Sie die Verwendung bewährter Antriebselemente geschickt vermeiden können, teilen Sie dies umgehend Ihren Mitmenschen in Internetforen mit. Verbreiten Sie Optimismus und loben Sie ihre Kreationen mit den höchsten Lobgesängen. Bescheidenheit ist Charakterschwäche. Wen interessiert es schon, dass Flaschenzug und Reibradgetriebe schon vor mehr als 5000 Jahren erfunden wurden. Sie sind der erste, der diese genialen Erfindungen in einer Fräsmaschine einsetzt, was deshalb unbedingt patentwürdig ist. Regieren Sie beleidigt und aggressiv auf jegliche Einwände und Kritik. Leute mit beruflicher Erfahrung im Maschinenbau haben schließlich keine Ahnung von der Kunst des Käsefräsenbauens.